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DIE GESCHICHTE DES TALES UNTER DEM BERG KOÈEVSKI ROG IST AUCH DIE GESCHICHTE DER GOTSCHEER DEUTSCHEN
Ansprache des Präsidenten Milan Kucan im Kulturzentrum der Gotscheer Altansässigen
Der Präsident der Republik Milan Kucan besuchte am Tag der offenen Tür den Verein der altansässigen Gotscheer im Kulturzentrum in Obcice.

Obcice, 21 July 2002


Dem Vorsitzenden des Gottscheer Altsiedler Vereins, Herrn Gril, bin ich dankbar für die freundliche Einladung, zum Tag der offenen Tür Ihres Kulturzentrums zum heutigen Treffen dazu zu kommen. Ihrer Arbeit messe ich große Bedeutung bei. Sie reichen in die Geschichte zurück, die ein Teil der Geschichte auf slowenischem Boden ist. Den Menschen in dieser Gegend war die Geschichte nicht immer wohlgesonnen, doch sie ist nun mal geschehen und man muss sie verstehen, man muss auch die schmerzhaften Seiten der Vergangenheit kennen lernen und daraus Botschaften für die Zukunft entnehmen. Die Lehre ist im Grunde einfach und aus vielen Erfahrungen, welche wir Menschen fast überall in Europa gemacht haben, bekannt. Das Leben ist reicher, wenn wir miteinander zu leben wissen, ungeachtet der Unterschiede und unter Achtung dieser Unterschiede, tolerant und positiv. Wir wissen, dass hier und im ganzen Gottscheerland jahrhundertelang Menschen zweier Kulturen miteinander gelebt haben: der slowenischen und der Gottscheer Altsiedler mit deutschen Wurzeln. Sie teilten das Leben in dieser harten, doch schönen Welt, die sie mit harter Arbeit vieler Generationen kultiviert haben. Sie haben sich verstanden, bestimmt ab und zu auch gestritten, wer macht das denn nicht, doch arbeiteten sie zusammen, wurden geboren und starben in Zusammenleben und gegenseitiger Achtung.

Das ist die Geschichte vom einstigen Leben in dieser Gegend, bis zum Aufkommen des großdeutschen Geistes und zum Sturm des Krieges. Die Gottscheer Altsiedler wurden dabei missbraucht und ausgetrickst. Die große Mehrheit verzichtete auf ihre Heimstätten, optierte für das Nazireich und erhoffte sich ein besseres Leben in den Gehöften der vertriebenen Slowenen an der Sotla. Der Kriegszug des Nazideutschlands und des faschichtischen Italiens hat damals das seinige getan, doch erlebte er am Ende den Zusammenbruch im Kampf um die Erhaltung der in der europäischen Kultur- und Zivilisationstradition herausgebildeten Werte. Zum Zusammenbruch kam es auch wegen des Widerstandes jener Altsiedlergruppe, die damals nicht weggezogen ist und die zusammen mit ihren slowenischen Nachbarn am Volksbefreiungskampf und dem Sieg der Weltdemokratie teilgehabt hat. Das ist die Geschichte auch dieser Gottscheer Deutschen. Es ist die Geschichte der einen und der anderen. Es ist die Geschichte der Menschen in dieser Gegend. Es ist ein Zeugnis, was eine entartete großnationale Ideologie bewirken kann, die das Schicksal von Einzelmenschen, denen sie vollkommene Unterwerfung nur wegen der Zugehörigkeit zu einem Volk abfordert, bewirken kann. Leider ist das immer wieder in der ganzen neueren Geschichte geschehen.

Wenn wir heute auf jene Zeiten zurückblicken, muss ich sagen, dass sich die Sieger in der Zeit unmittelbar nach dem Krieg dem Leben und der Unterschiedlichkeit in dieser Gegend gegenüber hart- und engherzig gezeigt haben. Das Kulturzentrum ist ein dauerhaftes Mahnmal für jene schwere Zeiten. Zurück, in die Zeit davor, führt kein Weg.

Der heutige Tag spricht allerdings von unserem gemeinsamen Willen, aus der Vergangenheit auszutreten, sie als bittere Erfahrung zu verstehen und sich zu bemühen, dass in diese Gegend für immer gegenseitiges Verstehen und Toleranz einziehen. Ich bin überzeugt, dass euer Haus ein Ort sein wird, den künftige Generationen der in der Welt verstreuten Gottscheer Altsiedler mit Hochachtung besuchen werden, um die Wurzeln des Schicksals kennen zu lernen, das ihren Vorfahren geschehen ist. Ich bin aber auch überzeugt, dass euer Haus ein Mahnmal einer Zeit sein wird, die niemand mehr wiederholen darf. Der slowenische Staat - davon bin ich fest überzeugt - wird auch in Zukunft ein offener und freier Raum für alle vielfältigen Kulturen und menschlichen Ausrichtungen sein, mit der gebührenden Achtung für die Tradition, die auf dem langen geschichtlichen Weg aller Menschen unseres Nationalterritoriums die zwischenmenschliche Zusammenarbeit und Achtung begründet hat, ungeachtet der kulturellen, ethnischen und geistigen Zugehörigkeit von Einzelpresonen und Gruppen.

Ich wünsche, dass dieses Kulturzentrum zum kulturellen Brennpunkt und einer Begegnungsstätte in diesem schönen Tal unter dem Gottscheer Hornwald wird. Slowenien ist eine national identifizierbare Republik ihrer Bürger und wird es bleiben, eine Republik, welche die Unterschiedlichkeit achtet und schützt und in welcher Bürgerrechte nicht an die nationale Zugehörigkeit der Bürger und ihre Zahl gebunden sind. Ich lade alle ein, dass wir alle auch in Zukunft für ein solches Slowenien eintreten.


 

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