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BEIM ZENTRALEN FESTAKT ZUM 150. JAHRESTAG DER MOHORJEVA / HERMAGORAS
Ansprache des Präsident der Republik Slowenien Milan Kucan

Klagenfurt/Celovec (Austria), 28 September 2001


Foto: BOBO

Liebe Mitarbeiter und Freunde des Hermagoras-Vereins, sehr verehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrte hohe Vertreter der Bundes- und Landesregierung, Exzellenzen, Bekannte und Freunde!

Mit großer Freude nehme ich heute an dieser Feierlichkeit teil, zu der ich vom Direktor der Klagenfurter Hermagoras Herrn Dr. Anton Koren eingeladen wurde. Ich finde es schön und auch wichtig, dass wir zusammen das 150-jährige Jubiläum der Hermagoras feierlich begehen können.

Dieser Tage ist schon viel gesagt und geschrieben worden über das Leben und Wirken Ihrer angesehenen kulturellen und national bedeutenden Institution, über ihre Mission im 19. und 20. Jahrhundert, in guten wie in schweren Zeiten. Es gibt viel Gemeinsames in diesen Ansichten, aber auch Unterschiede. Doch soviel ist unbestreitbar: die Hermagoras ist und bleibt eines der slowenischen Identitätssymbole, ein Sinnbild slowenischer Schaffenskraft, die den Slowenen einen gleichwertigen Platz in der europäischen Kultur gegeben hat. Sie ist ein Zeugnis des unbeugsamen Willens dieses Volkes im Mutterland und außerhalb seiner Grenzen. Sie ist auch eine Verkörperung des slowenischen Geistes, der immer offen war für den Dialog und die Zusammenarbeit mit anderen.

Im Laufe ihrer langen Geschichte hat die Hermagoras in Kärnten, im Raum Görz, aber auch im slowenischen Kernland ihre Höhen und Tiefen erlebt, jede mit ihrer eigenen Geschichte. Die Hermagoras blieb nicht verschont von den schweren Schlägen, die den Slowenen in der Zeit des Nationalsozialismus und Faschismus zugefügt wurden. Sie blieb auch nicht verschont von der rauen Zwischenkriegs- und Nachkriegszeit in Slowenien und von der ideologischen Spaltung und Intoleranz nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs.

Es ist kein Zufall, dass die Hermagoras von Anton Martin Slom¹ek initiiert wurde. Er formulierte ihre Grundidee und gab ihr jenen charakteristischen Geist, der eineinhalb Jahrhunderte lang den Reichtum des slowenischen geschriebenen Wortes mehrte. Durch die vorzügliche Schriftsprache, die literarischen, kulturellen und allgemeinbildenden Inhalte hat der Verlag auch die europäische Kultur bereichert.

Der Auftrag der Hermagoras in Klagenfurt, Celje und Görz bleibt auch in der heutigen Zeit lebendig und wichtig für uns alle. Ihre Redakteure erkennen die veränderten kulturellen und politischen Verhältnisse des unmittelbaren Umfelds und auch der europäischen und globalen Dimensionen und passen die Auswahl der Bücher den Bedürfnissen und dem Zeitgeist an. Davon spricht auch die Erklärung aller drei Hermagoras-Verlage anlässlich ihres 140-jährigen Bestehens, in der die schöpferische Festigung des gemeinsamen slowenischen Kulturraums in den Bedingungen der europäischen Integrationsprozesse betont wird. Zweifellos kommen nun günstigere Zeiten für einen kreativen gesamtslowenischen Dialog und für ein harmonisches Miteinander von Mehrheit und Minderheit in den Ländern, in denen slowenische Volksgruppen leben. Wir leben in einer Zeit, in der es nicht mehr schwer sein dürfte, auch die inneren slowenischen Konflikte zu überwinden, die bezeichnend sind für einen Abschnitt der Vergangenheit, in der der Wettbewerb verschiedener weltanschaulicher und politischer Richtungen von gegenseitiger Ausgrenzung verdrängt wurde. Für aggressiven Nationalismus ist in einem sich vereinigenden Europa kein Platz, denn in seinen Fundamenten sind der Schutz und die Achtung der Menschenrechte verankert. Dazu gehören auch die kollektiven Rechte der nationalen Minderheiten. Ebenso wichtig ist ein entspanntes und respektvolles Verhältnis der Mehrheit zu den Volksgruppen, deren Angehörige sich zu ihrem Staat loyal verhalten und seinen geistigen und materiellen Reichtum mehren, so wie alle anderen Bürger auch. Dies gilt uneingeschränkt auch für die Kärntner Slowenen in ihrem demokratischen Österreich. Ein solches Verhältnis baut Spannungen zwischen den Ländern ab und mildert die Schwere historischer Lasten.

In einem Jahr, in dem wir den 10. Geburtstag des unabhängigen slowenischen Staates feiern, können wir selbstbewusst feststellen, dass Slowenien zum Begriff für eine freundliche und offene Gesellschaft und für einen freundlichen Nachbarn geworden ist. Kulturelle, sprachliche und andere Unterschiede zwischen den Völkern werden gerade unter Nachbarn am leichtesten missbraucht– davon zeugen die Erfahrungen des Balkankonflikts. Dessen eingedenk haben wir gerade das Verhältnis zu den Nachbarländern Kroatien, Ungarn, Italien und Österreich in den Mittelpunkt der slowenischen Außenpolitik gestellt. Ich denke es ist richtig, dass ich heute, hier in Klagenfurt, das große Interesse unterstreiche, das Slowenien an einer umfassenden Zusammenarbeit mit Österreich und vor allem mit den Grenzländern Kärnten und der Steiermark hat. Ich bin davon überzeugt, dass mit dem Beitritt Sloweniens zur EU das gegenseitige Interesse an einer Zusammenarbeit noch stärker erkennbar wird und dass sich die Erkenntnis noch mehr durchsetzt, dass wir zusammen, im Herzen eines vereinten Europas, noch stärker sind.

Mein heutiger Besuch in zahlreichen Einrichtungen der Kärntner Slowenen hat mich davon überzeugt, dass sich vom Beitritt Sloweniens zur EU alle Menschen an der Grenze – dieser Grenze, die oft Zeuge schwerer historischer Prüfungen war – noch mehr gute Nachbarschaft, Vertrauen und Fortschritt erhoffen, und auch die Erfüllung einiger grundlegender und versprochener Minderheitenrechte.

Meine sehr verehrten Damen und Herren,
als die Präsidenten der Slowenischen Akademie der Wissenschaften und Künste, der Slovenska matica und des Slowenischen Schriftstellerverbandes eine staatliche Auszeichung für die Hermagoras-Verlage in Klagenfurt, Görz und Celje anlässlich des hohen Jubiläums anregten, habe ich den Vorschlag und die Empfehlung der Kommission für Auszeichnungen mit Freude angenommen. Die Auszeichnung werde ich Ihnen, so wie den Hermagoras-Verlagen aus Celje und Görz, mit Freude auf einer besonderen Feierlichkeit in Ljubljana überreichen.

Diese Auszeichnung ist eine Anerkennung des slowenischen Staates für Ihr großes Werk. Gleichzeitig drückt sich darin auch die Erwartung aus, dass Sie Ihre Aufgabe auch in Zukunft so unermüdlich weitertragen werden.


 

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